Fallstudie Kiosksysteme: IMH-Studie

Einsatz von Kiosksystemen im Handel

Studie zu Einsatz, Akzeptanz, Akzeptanzdeterminanten, Wirkungen & Wirkungsdeterminanten im Handel

Die theoriegeleitete Studie des Instituts für Marketing und Handel der Universität Göttingen analysierte die Akzeptanz und die Wirkungen von multimedialen Kioskterminals sowie ihre Bestimmungsgrößen für die relevanten Akzeptanzebenen und auf allen Akzeptanzdimensionen.

Das Ziel der 1998 durchgeführten Untersuchung, die als theoriegeleitete Fallanalyse und als Umfrage konzipiert wurde, bestand darin, Absichten und Strategien sowie Erfahrungen und Perspektiven bei der Durchführung von Kiosk-Projekten zu untersuchen sowie die Akzeptanz und Wirkungen des Kiosk-Einsatzes im Handel einschließlich der sie determinierenden Faktoren zu analysieren. Die Datenerhebung erfolgte durch die Befragung von Experten in zehn Unternehmen, welche Kioskterminals mit einer relativ großen Installationsbasis im Handel bzw. im Geschäft einsetzen (zumeist Hersteller oder Handelsketten).

Akzeptanz: Die befragten Experten wurden gebeten, die Akzeptanz von Kioskterminals im Handel auf allen relevanten Akzeptanzebenen sowie auf der kognitiven, der affektiven und der konativen Akzeptanzdimension einzuschätzen. Der Wertebereich der zugrunde liegenden Skala reichte von 1 bis 6, wobei der Wert 1 „trifft überhaupt nicht zu“ und der Wert 6 „trifft voll zu“ repräsentiert. Insgesamt bewerteten die Interviewpartner die Akzeptanz über alle Ebenen hinweg recht positiv. Akzeptanzunterschiede auf den verschiedenen Ebenen sind eher marginaler Natur. Hinsichtlich aller drei Akzeptanzdimensionen sehen die Experten die Akzeptanz der Endkunden am unproblematischsten an (4,4), gefolgt von der Akzeptanz bei Händlern (4,2), beim mittleren Management (4,2), bei der Geschäftsführung (4,0) und bei den Mitarbeitern (3,9).

Akzeptanzdeterminanten: Als aus der Adoptionstheorie abgeleitete mögliche Determinante untersuchten die Autoren den wahrgenommenen relativen Vorteil von Kioskterminals im Vergleich zu klassischen oder alternativen neuen Medien. Hierzu zählen z.B. die Verfügbarkeit des Mediums, die Erreichbarkeit der anvisierten Zielgruppe sowie die Kosten-Nutzen-Relation. Bei der Analyse zeigte sich, dass der relative Vorteil von Kioskterminals die Kiosk-Akzeptanz in relativ starkem Maße determiniert. Der Korrelationskoeffizient zwischen der Gesamtakzeptanz im Unternehmen und der Einschätzung des relativen Vorteils erreicht einen Wert von 0,62. Als weitere Akzeptanzdeterminante wurde die Komplexität erhoben, die den Grad widerspiegelt, mit dem man eine Innovation als schwer fassbare Größe wahrnimmt und die somit Schwierigkeiten bereitet, die zentralen Eigenschaften und den Nutzen von Produkten zu begreifen und zu formulieren. Bei der Berechnung des Zusammenhangs zwischen beiden Wertereihen ergab sich ein Korrelationskoeffizient von -0.58 und somit ein negativer Zusammenhang zwischen Komplexität und Akzeptanz. Es ist also davon auszugehen, dass die Akzeptanz um so geringer ist, je komplexer die Terminal-Technologie wahrgenommen wird. Auch unternehmensinterne Voraussetzungen, wie die Innovationsbereitschaft des Unternehmens, die Affinität gegenüber neuen Medien, Erfahrungen und Know-how sowie die Flexibilität der Organisation, können die Akzeptanz determinieren. Eine Korrelationsanalyse zur Aufdeckung des Zusammenhangs zwischen diesen Größen und der Akzeptanz ergab einen Korrelationskoeffizienten von 0,40 und somit einen positiven – wenn auch nicht besonders starken – statistischen Zusammenhang.

Wirkungen: Neben der Akzeptanz und deren Determinanten richtete sich das Augenmerk ebenfalls auf Wirkungen des Kiosk-Einsatzes. Die im Rahmen der Befragung untersuchten anbieterseitigen Wirkungen schlossen akquisitorische und ökonomische Wirkungen ein. Die Untersuchung anbieterseitiger Kommunikationseffekte des Kiosk-Einsatzes ergab eine eher hohe Verbesserung der Kommunikation mit der Zielgruppe. Akquisitorische Wirkungen wurden über Fragen zum Beitrag der Anwendung zur Neukundengewinnung, zur höheren Kaufhäufigkeit und zur Kundenbindung erhoben. Die Ergebnisse der Untersuchung deuten darauf hin, dass Kioskterminals aus Expertensicht bisher nur wenig zur Generierung zusätzlicher Umsätze durch die Neukundengewinnung oder Erhöhung der Kaufhäufigkeit beigetragen haben. Dafür spricht auch, dass nur drei Experten eine Erhöhung der Umsätze durch das Terminal feststellten. Nicht direkt quantifizierbare Effekte wie Kundenbindung und Verbesserung der Kommunikationsqualität mit der Zielgruppe sah man in stärkerem Maße verwirklicht (ebda. S. 8-9). Hinsichtlich der nutzerseitigen Kommunikations- und Verhaltenseffekte zeigte sich, dass sich die Kunden durch den Einsatz von Kiosksystemen wesentlich besser informiert fühlen. Ferner trifft es eher zu, dass die Kaufabsichten sowie das Interesse der Kunden an den Produkten, Dienstleistungen und dem Unternehmen ansteigen. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Kiosk-Einsatzes ließ sich nicht genau beantworten, da kein Experte Auskünfte über Deckungs- oder Gewinnbeiträge der Applikationen erteilte.

Wirkungsdeterminanten: Als mögliche Wirkungsdeterminanten wurden die Ausrichtung und die Reichweite des Konzepts der Applikationen untersucht. Da sich aufgrund einer ungünstigen Verteilung der Stichprobe jeweils nur ein Unternehmen hinsichtlich Ausrichtung und Reichweite deutlich von den anderen unterschied sowie die betreffenden Unternehmen keine Auffälligkeiten hinsichtlich der realisierten Wirkungen zeigten, wäre es zu spekulativ aus den Unterschieden bei den erzielten Wirkungen auf die Erfolgsrelevanz von Reichweite und Ausrichtung zu schließen. Hinsichtlich der quantitativen Reichweite lässt sich hingegen feststellen, dass die Unternehmen mit der größten Installationsbasis auch diejenigen waren, die positive Umsatzeffekte realisierten. Ein Zusammenhang zwischen dem Interesse gegenüber dem Unternehmen und dessen Produkten sowie den Applikations-Inhalten ließ sich nicht nachweisen. Ferner trugen weder der Umfang des präsentierten Produktprogramms noch dessen Detailliertheit dazu bei, das Interesse der Kiosk-Nutzer an den Terminals zu steigern.

Literaturhinweis: Silberer, G. & Hannecke, N. (1999). Akzeptanz und Wirkungen von multimedialen Kiosksystemen im Handel, Beitrag Nr. 23, hrsg. von G. Silberer, Göttingen: Georg-August-Universität, Institut für Marketing und Handel